Moderne Ämter und Behörden
Die Digitalisierung hat Hochkonjunktur und ist bereits in privaten und beruflichen Feldern kaum noch wegzudenken. Dabei hängen Behörden, Ämter und die Öffentliche Verwaltung noch hinterher. Auch bereits digitale Kommunen sind noch weiter ausbaufähig. Sie sind oft an feste Strukturen gebunden, die Veränderung nur schwer möglich machen. Auf der anderen Seite wird der Druck immer größer, sich anzupassen und agiler zu werden.
Doch was bedeutet eine agile Verwaltung? Und welche Chancen und Herausforderungen liegen vor uns? Das erfährst Du in diesem Artikel.
- Was bedeutet Agilität?
- Das bedeutet agile Verwaltung
- Vorteile der agilen Verwaltung
- Agile Praktiken und Methoden
- Herausforderungen der agilen Verwaltung
- Fazit: Agile Verwaltung
1. Was bedeutet Agilität?
Agilität ist die “Gewandtheit, Wendigkeit oder Beweglichkeit von Organisationen und Personen bzw. in Strukturen und Prozessen.” Gabler Wirtschaftslexikon
Agile Vorgehensweisen sind vor allem in der Softwareentwicklung bekannt geworden. Mittlerweile werden diese aber auch in anderen Bereichen genutzt. Beliebt sind beispielsweise Ansätze wie Scrum oder Kanban.
Diese agilen Methoden eignen sich besonders gut, um auf eine sich ständig ändernde Welt, auch VUCA-Welt genannt, zu reagieren. VUCA steht für
- Volatility (Unbeständigkeit)
- Uncertainty (Unsicherheit)
- Complexity (Komplexität)
- und Ambiguity (Uneindeutigkeit).
Also eine Welt, die immer komplexer wird und Unternehmen, aber auch Behörden und Länder vor immer mehr Herausforderungen stellt. Ein aktuelles Beispiel dafür ist die Entwicklung der KI, die rasant fortschreitet und eher unvorhersehbar ist. Das trifft auch auf den Öffentlichen Dienst zu.
Exkurs: Manifest der agilen Softwareentwicklung
Das Manifest der agilen Softwareentwicklung entstand 2001 und wurde von insgesamt 17 Menschen verfasst. Es diente als Framework für eine gemeinsame Arbeitsweise. Beschrieben sind in dem Manifest 4 Prinzipien.
- Individuen und Interaktionen sind wichtiger als Prozesse und Werkzeuge: Der Fokus liegt auf Menschen und ihrer Zusammenarbeit als Individuen mit Stärken und Schwächen. Prozesse und Werkzeuge geben einen Rahmen vor, zielführend ist aber die Teamarbeit.
- Funktionierende Software hat Vorrang vor umfassende Dokumentation: Damit wird der Schwerpunkt auf Ergebnisse gelegt. Dokumentation ist zwar wichtig, aber bietet weniger Mehrwert als ein Ergebnis.
- Zusammenarbeit mit der Kundschaft hat Priorität vor Vertragsverhandlungen: Die Vertrauensbasis ist ein zentraler Punkt bei der agilen Arbeit. Durch enge Zusammenarbeit und regelmäßigen Austausch soll das bestmögliche Ergebnis erzielt werden.
- Reagieren auf Veränderungen wiegt schwerer als das Befolgen eines Plans: Bei der agilen Arbeitsweise gibt es keine Langzeitplanung, es werden lediglich die nächsten Schritte geplant, damit flexibel reagiert werden kann.
Diese Werte lassen sich auch auf die Arbeit außerhalb der Softwareentwicklung übertragen. Die Quintessenz ist Flexibilität, um angemessen auf Veränderungen reagieren zu können und der Mensch als Individuum.
2. Das bedeutet agile Verwaltung
Auch in der agilen Verwaltung kann es hilfreich sein, sich an den Werten aus der Softwareentwicklung zu orientieren. Ziel ist eine neuen Art der Zusammenarbeit, die durch verschiedene Faktoren geprägt ist:
- Fehlerkultur: Aus Fehlern wird gelernt
- Eigenverantwortung: Selbstständiges Arbeiten und kreatives Denken wird gefördert
- Arbeitsorganisation: Homeoffice, Remote Work, flexible Arbeitszeiten: Was ist möglich?
- Interdisziplinarität: Think out of the box! Für Problemlösungen lohnt es sich, andere Blickwinkel einzunehmen.
- Transparenz: Der Stand der Dinge sollte für alle zugänglich sein.
Allerdings sollten unterschiedliche Vorgehensweisen für verschiedene Verwaltungen in Betracht gezogen werden. Denn: Es gibt nicht DIE eine Verwaltung. Generell geht es darum, neue Möglichkeiten abseits von festgeschriebenen Maßnahmen zu finden und einzusetzen.
Projekte in der ÖV
Projekte im Öffentlichen Sektor sind oftmals durch gesetzliche Vorgaben bestimmt. Beispiele dafür sind zum Beispiel das OZG oder das E-Government-Gesetz. Diese Gesetze sollen die digitale Verwaltung selbst, aber auch den Online-Zugang der Bürgerinnen und Bürger zu Verwaltungsdienstleistungen ausbauen.
Live-Webinar: Digitales Projektmanagement in der Öffentlichen Verwaltung
In unserem Live-Webinar erfährst Du, wie digitales Projektmanagement in der Öffentlichen Verwaltung richtig umgesetzt wird. Die Gemeinde Grünheide und der Main-Kinzig-Kreis zeigen Dir ihre Best Practices in der Projektarbeit mit factro.
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Auch im Öffentlichen Gesundheitsdienst werden Maßnahmen zur Digitalisierung ergriffen. Dazu zählt zum Beispiel das Krankenhauszukunftsgesetz, kurz: KHZG. Auch hier geht es darum, digitale Services auszubauen und Abläufe innerhalb eines Krankenhauses zu vereinfachen und digital zu machen.
Zwar ist das Angebot dieser beiden Sektoren sehr verschieden, im Endeffekt geht es jedoch um die gleichen Prozesse: Akten digitalisieren und Informationen zugänglicher machen. Ein typisches Beispiel für ein Digitalisierungsprojekt in der Öffentlichen Verwaltung ist die E-Akte. Bis zum Januar 2026 sollen die klassischen Papierakten verpflichtend durch elektronische Akten ersetzt werden.
Eine weitere Entwicklung ist der Einsatz von KI in der Öffentlichen Verwaltung. Mittlerweile gibt es die ersten Projekte, wie beispielsweise Serviceroboter im Bürgerbüro Ludwigsburg, mit denen KI ihren Weg in Behörden und Ämter gefunden. Auch die Bundesregierung unterstützt diese Richtung.
3. Vorteile der agilen Verwaltung
Eine agile Verwaltung kommt um die digitale Transformation nicht drum herum. Das ist wohl auch eines der Hauptvorteile: Zugang zu behördlichen Dienstleistungen von überall. Doch es gibt noch mehr Pluspunkte.
Mit einer agilen Verwaltung ist es möglich, sich mehr auf die Bedürfnisse und Wünsche der Bürgerinnen und Bürger zu konzentrieren, was zu mehr Zufriedenheit in der Bevölkerung führt. Gerade Ämter und Behörden haben oft mit Kritik zu kämpfen. Zudem kann so besser auf Anliegen reagiert werden.
Die agile Arbeitsweise fördert zugleich innovatives Arbeiten und Denken, was beispielsweise zu neuen Problemlösungsstrategien führen kann. Dies fördert auch die Motivation der Mitarbeitenden, da sie aktiv in Prozessveränderung einbezogen werden.
Durch standardisierte Abläufe wird Zeit eingespart und Prozesse vereinfacht, das sorgt für eine bessere Auslastung der Mitarbeitenden. Dies ist besonders bei Ämtern wichtig, die dauerhaft zu wenig Personal haben.
Chancen im Überblick
- Online-Zugriff von überall
- höhere Zufriedenheit in der Bevölkerung und bei Mitarbeitenden
- vereinfachte Prozesse
- innovatives Denken wird gefördert
- Probleme werden intersektional betrachtet
- Zeitersparnis
4. Agile Praktiken und Methoden
Um Projekte in einer agilen Verwaltung in die Praxis umzusetzen, braucht es natürlich auch ein agiles Projektmanagement. Dafür gibt es verschiedene agile Methoden, die Du anwenden kannst. Wir nennen Dir ein paar Beispiele:
Kanban
Die Kanban-Methode ist besonders gut für das Aufgabenmanagement geeignet. Dabei arbeitest Du mit einem Kanban Board, das klassischerweise in drei Spalten aufgeteilt ist: To Do, In Progress und Done.
Die Aufgaben werden je nach Status in die entsprechende Spalte verschoben. So ist jederzeit ersichtlich, wo eine Aufgabe steht. Mit dieser Methode lassen sich gerade die täglich anfallenden Aufgaben gut organisieren.
Eine Projektmanagement-Software wie factro erfüllt die Bedingungen für diese Arbeitsweise, bietet aber noch viel mehr Funktionen an. Daher eignet sich factro ideal für die digitale Zusammenarbeit in Behörden.
Jedes Teammitglied hat hier sein eigenes Kanban Board, in dem alle anstehenden Aufgaben dargestellt sind. Mit einem Klick kannst Du aber auch die Ansicht wechseln und zu den Aufgaben, in denen Du in der Verantwortung bist, springen. Ein weiterer Vorteil bei der Arbeit mit dem Kanban Board: Das 4-Augen-Prinzip ist direkt integriert, weil es immer eine ausführende und eine verantwortliche Person gibt.
Scrum
Die Grundannahme der Scrum-Methode ist, dass Entwicklungsprojekte zu komplex sind, um sie im Voraus komplett zu planen. Deswegen wird ein Projekt in sogenannte Sprints eingeteilt, die ein Teilziel erreichen sollen. Auf Grundlage von diesem Ergebnis werden die nächsten Schritte festgelegt, dieser Schritt wird auch als Sprint Review bezeichnet. Ein Sprint dauert dabei 30 Tage, an dessen Ende ein fertiges Zwischenprodukt entstanden sein soll.
Erforderlich dabei ist eine fließende Kommunikation, deshalb gibt es das Daily Scrum – ein tägliches Meeting, indem sich über die aktuelle Etappe ausgetauscht wird.
Design Thinking
Beim Design Thinking stehen die Bedürfnisse und Wünsche der User im Mittelpunkt. Aus dem Blickwinkel der anwendenden Personen soll ein Problem identifiziert und gelöst werden. Es geht also vor allem um praxisorientierte Ergebnisse. Während der Entwicklung werden immer wieder Fragen aus User-Sicht gestellt, um möglichst früh Prototypen zu entwickeln, die getestet werden können. Auch bei dieser agilen Methoden werden anhand der Zwischenergebnisse neue Ideen weiterentwickelt.
Dabei werden drei Komponenten zusammengeführt: die technologische Machbarkeit, die wirtschaftliche Tragfähigkeit und menschliche Erwünschtheit. Gearbeitet wird vor allem in multidisziplinären Teams, um möglichst alle Perspektiven abzudecken.
Welche Methode ist die richtige?
Um herauszufinden welche Methode angemessen ist, bietet z.B. die Stacey-Matrix eine Orientierung. Je mehrdeutiger das Problem und je unklarer die Lösung, desto schwieriger und komplexer wird das Projektmanagement und es werden agilere Methoden benötigt.
In vielen Behörden und Ämtern sind viele Aufgaben sehr klar und die Lösung bekannt, dafür eignen sich klassisch-lineare Methoden. In einigen Bereichen oder Phasen wie zum Beispiel während der Corona-Pandemie ist aber auch Flexibilität notwendig, dort eignen sich agile Methoden, um besser reagieren zu können.
5. Herausforderungen der agilen Verwaltung
Wie auch beim Projektmanagement in Unternehmen stehen Digitalisierungsprojekte in der Öffentlichen Verwaltung vor ähnlichen Herausforderungen. Warum scheitern Projekte eigentlich? Ein paar der Gründe sind beispielsweise
- unklare Anforderungen,
- schlechte Kommunikation,
- fehlende Ressourcen (z.B. personal),
- und mangelnde Expertise in bestimmten Bereichen.
Natürlich können auch andere, individuelle Faktoren dazu führen, dass ein Projekt abgebrochen werden muss. In der agilen Verwaltung sind oft auch bürokratische Strukturen eine Hürde, denn oft ist eine bestimmte Vorgehensweise und entsprechende Formulare nötig, bevor etwas passiert. Die etablierte Hierarchie ist nur schwer zu durchbrechen und eine Umstrukturierung braucht enorm viel Zeit.
Eine weitere Hürde sind die Finanzen: Das Geld ist meistens da, aber die Budgets sind meistens Jahre im Voraus geplant und Zuschüsse müssen rechtzeitig beantragt werden.
Agile Praktiken umsetzen
Damit die Umsetzung einer agilen Verwaltung funktioniert, muss also neu gedacht werden. Neben den Projektmethoden gibt es auch agile Praktiken für die Zusammenarbeit im Team, die dabei unterstützen. Eine Möglichkeit sind crossfunktionale Teams, die aus Mitgliedern verschiedener Fachbereiche bestehen und vielfältige Kompetenzen mitbringen. So sollen viele Perspektiven abgedeckt werden. Außerdem wird damit das Denken in Zuständigkeiten aufgebrochen, welches häufig in der Öffentlichen Verwaltung herrscht.
Eine agile Verwaltung hat außerdem die Möglichkeit, Betroffene mit einzubeziehen, also die Bürgerinnen und Bürger: Sie können aus ihrer Perspektive schildern, was sie brauchen und wo Verbesserungen notwendig sind.
📚 Lesetipp
Damit agiles Arbeiten funktioniert, ist es wichtig, regelmäßiges Feedback einzuholen. Bei der Scrum-Methode passiert das nach jedem Sprint. Es sollten sich aber auch die verschiedenen Teams und Abteilungen besprechen. Denn nur so ist es möglich, Verbesserungspotential zu erkennen und umzusetzen. Das stärkt die Kommunikation und sorgt für Transparenz.
Zugleich ist es auch essentiell, Unterstützung in Bereichen zu Rate zu ziehen, in denen das Know-how fehlt, z.B. Projektmanagement im Allgemeinen oder eine bestimmte Software. Hier kann es hilfreich sein, wenn sich Verwaltungen und Behörden aus verschiedenen Städten Erfahrungsberichte austauschen.
6. Fazit: Agile Verwaltung
Die Umsetzung der agilen Verwaltung ist zwar mit vielen Hürden verbunden, gleichzeitig aber auch die Lösung für viele aktuelle Probleme. Viele der geplanten Veränderungen wurden immer wieder aufgeschoben und liegen gelassen, sodass nun Zeitdruck entsteht.
Eine agile Verwaltung bietet Vorteile für beide Seiten: Für die Bürgerinnen und Bürger sowie für die Verwaltung selbst. Während die Bevölkerung mehr mit einbezogen und auf die Bedürfnisse eingegangen wird, wird die Öffentliche Verwaltung durch vereinfachte Prozesse entlastet und kann schneller auf Veränderungen reagieren. Im Zuge der Digitalisierung ist es kaum noch möglich, an den starren Hierarchien und Abläufen festzuhalten. Es geht darum auch die Bürgerinnen und Bürger mit einzubeziehen und so herauszufinden, was wirklich gebraucht und gewünscht wird.
Aus diesem intersektionalen Blickwinkel können Probleme ganz anders betrachtet und gelöst werden, da der Mensch im Mittelpunkt steht.