Geteilte Freude ist doppelte Freude
Wachsende Arbeitsbelastung, lange Arbeitswege im Stau und die ständige Erreichbarkeit wecken in uns den Wunsch, einen Gang herunterzuschalten. Wir wollen mehr freie Zeit. Für Familie und Hobbys. Auch wenn es mittlerweile viele flexible Arbeitsmodelle gibt, hat sich für die breite Masse bislang keine der Lösungen langfristig durchgesetzt. Obwohl in den letzten Jahren beispielsweise das Homeoffice immer mehr an Beliebtheit gewonnen hat, zeigt die Praxis: Firmen setzen wieder auf Return-to-Office-Regelungen.
Ein eher unbekannter Trend, der mittlerweile immer beliebter wird, ist das Jobsharing. Doch was genau steckt dahinter und hat dieses Modell eine Chance, langfristig zu bleiben? Das erfährst Du hier.
Definition: Was ist Jobsharing?
Per Definition bedeutet Jobsharing (auch Job-Splitting genannt), dass sich mindestens zwei Personen einen Arbeitsplatz bzw. eine Vollzeitstelle teilen. Übersetzt werden könnte dieses Modell als „Arbeitsplatzteilung“. Dabei werden Aufgaben, Verantwortungen und die Arbeitszeit zwischen den Mitarbeitern aufgeteilt, sodass die Gesamtanforderungen an die Position erreicht werden. Es entstehen quasi zwei Teilzeitstellen. Im Gegensatz zum klassischen Teilzeitmodell, gibt es jedoch ein paar Unterschiede: Beide Parteien arbeiten beim Jobsharing als Team zusammen, um die für die jeweilige Position definierten Ziele zu erreichen. Beim Jobsplitting dagegen entstehen zwei voneinander unabhängige Stellen.
Das bedeutet auch, dass beim Jobsharing mehr Absprache notwendig ist. Außerdem sollten die beiden Tandempartner nicht zeitgleich, sondern ergänzend zueinander arbeiten. Ein Vorteil ist, dass fast jede Position durch Jobsharing in Teilzeit ausgeführt werden kann, was bei einer klassischen Teilzeit-Position nicht immer möglich ist.
Für wen ist Jobsharing geeignet?
Jobsharing ist in vielen Unternehmen umsetzbar, egal ob viele oder wenige Mitarbeiter. Entscheidend sind die unternehmensinternen Strukturen, durch die ein solches Modell möglich wird. Auch im öffentlichen Dienst wird Jobsharing mittlerweile gefördert. So führt beispielsweise das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) auf der Website einige Best Practices auf und gibt praktische Handlungsempfehlungen.
Auch im Gesundheitswesen ist Jobsharing mittlerweile möglich. Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe stellt ebenfalls aktiv diese Form von Anstellungsart vor.
Hier gibt es weitere Infos dazu:
👉 Kassenärztliche Bundesvereinigung – JobsharingDieses Arbeitsmodell ist also kein Trend mehr, sondern konnte schon in vielen Bereichen und Branchen mit seinen Vorteilen überzeugen.
Welche Jobsharing-Modelle gibt es?
Jobsharing ist kein einheitliches Modell, stattdessen gibt es verschiedene Wege, den Job mit einem Partner zu teilen. Hier findest Du eine Übersicht der verschiedenen Möglichkeiten:
- Job-Pairing: Bei diesem Modell werden Aufgaben zwar gesplittet, dennoch wird gemeinsam an einem Ziel gearbeitet. Der Abstimmungsbedarf ist also groß und Entscheidungen werden meist gemeinsam getroffen.
- Top-Sharing: Zwei Führungskräfte teilen sich eine Führungsposition und treffen gemeinsam Entscheidungen hinsichtlich Mitarbeiterführung, Investitionen und Co. So entsteht eine ganz neue Art Leadership.
- Peer-Tandem: Manche Stellen erfordern viele unterschiedliche Kompetenzen und sind daher schwer zu besetzen. Beim Peer-Tandem sollten deshalb zwei sich ergänzende Mitarbeitende diese Herausforderungen gemeinsam meistern.
- Succession Tandem: In dieser Version geht es nicht um eine dauerhafte Teilung, stattdessen wird eine Nachwuchskraft bzw. ein Juniorpartner angelernt, um später die Position zu übernehmen.
- Cross-functional Tandem: Um Synergien zu nutzen, werden im cross-functional Tandem beispielsweise Fachkräfte aus Mutter- und Tochterunternehmen für eine Stelle angeheuert, um Wissen miteinander zu teilen.
Zeiteinteilung beim Jobsharing
Ganz traditionell kann die Arbeitszeit beim Jobsharing natürlich 50/50 verteilt werden. Allerdings sind auch andere Modelle möglich: So kann die Arbeitszeit auch 40/60 oder 30/70 umgesetzt werden. Die Aufteilung sollte in den Tandems individuell festgelegt werden und bietet somit zusätzliche Flexibilität.
Wichtig ist: Die zusammengefasste Arbeitszeit muss nicht bei 100% liegen, sondern kann sie auch übersteigen. Für sehr zeitintensive Positionen ist auch eine 70/70 Regelung möglich. So eine Aufteilung ist beispielsweise bei Führungskräften nützlich, um Stress zu reduzieren und Überstunden zu vermeiden.
Vor- und Nachteile bei geteilter Arbeit
Aktuelle Umfragen zeigen: Fast die Hälfte der deutschen Mitarbeiter möchte weniger arbeiten. Viele sind sogar bereit, für diesen Wunsch auf Gehalt zu verzichten. Forderungen nach flexiblen Arbeitszeiten oder Modellen wie der 4-Tage-Woche werden immer populärer und zeigen, dass auf diese Art Stress deutlich reduziert und die Motivation gesteigert werden kann. So auch beim Jobsharing. Doch es gibt noch weitere Vorteile:
- Gesteigerte Zufriedenheit: Die Menschen haben mehr Freizeit und können Privates und Arbeit dank flexibler Arbeitszeiten gut kombinieren.
- Weniger Ausfälle: Da zwei Personen in dieser Position sind, ist die Stelle auch im Falle einer Krankheit nicht unbesetzt. Zusätzlich entsteht weniger Stress durch das Teilen der Position, was ebenfalls zu einer besseren Gesundheit beiträgt.
- Geringeres Stressrisiko: Durch geteilte Verantwortung lastet weniger Stress auf den Verantwortlichen.
- Gebündeltes Wissen: Mitarbeitende können voneinander lernen und gemeinsam in der Position wachsen.
- Geringere Fehleranfälligkeit: Durch das 4-Augen-Prinzip können Fehler minimiert und gleichzeitig effektive Lösungsansätze gefunden werden, da verschiedene Blickwinkel mit einbezogen werden.
- Verbesserte Work-Life-Balance: Durch weniger Arbeitszeit finden die Mitarbeitenden mehr Zeit für Privates und schaffen so einen Ausgleich.
- Auswahl beim Recruiting: Schwer zu besetzende Positionen können besser besetzt werden, da mehr Menschen potenziell geeignet wären.
Mögliche Nachteile
Natürlich bringt das Jobsharing auch Nachteile mit sich. So ist beispielsweise ein besonders hohes Maß an Kommunikation erforderlich, da sich beide Parteien auf dem Laufenden halten und gemeinsame Entscheidungen treffen müssen. Daher sind eine ordentliche Projektdokumentation und Abstimmung wichtig.
Auch das geringere Gehalt kann für viele Mitarbeiter und Führungskräfte ein Kontra-Argument sein. Hier kommt es ganz auf die individuellen Bedürfnisse und Vorstellungen an.
Ein weiterer Kritikpunkt ist der zeitliche Aufwand bei der Besetzung der Stelle. Denn: Um zwei Jobsharer zu finden, die gut miteinander harmonieren und sich in ihren Fähigkeiten so ergänzen, dass sie sich eine Position teilen können, kann eine Weile dauern. Bei einer Einzelposition kann es allerdings auch passieren, dass sie nicht in das Team passt oder andere Gegebenheiten nicht übereinstimmen. Pauschalisieren lässt sich diese Aussage also nicht.
(Rechtliche) Voraussetzungen
Grundsätzlich hat jede Person einen Anspruch darauf, die vertragliche Arbeitszeit zu verringern. Dies trifft allerdings nur auf Unternehmen mit mehr als 15 Angestellten zu. Festgehalten sind die Bedingungen im Teilzeit- und Befristungsgesetz. Auch wenn somit ein Recht auf Teilzeit besteht, muss mit einem Vorlauf von 3 Monaten ein Antrag gestellt werden.
💡 Gut zu wissen: Festgehalten sind diese Vorgaben im Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG).
Nicht nur das Gehalt, sondern auch der Urlaubsanspruch verändert sich, wenn die Arbeitszeit verringert wird. Wie viele Urlaubstage Dir weiterhin zustehen, kannst Du ganz einfach mit folgender Formel berechnen:
Urlaubstage / Anzahl der Wochenarbeitstage x Wochenarbeitstage in Teilzeit = Urlaub bei Teilzeit, also z.B. 30 / 5 x 4 = 24. Wenn Du also nur vier Tage anstatt fünf arbeitest, dann verringert sich Dein Urlaub von 30 auf 24 Tage im Jahr.
Viele Angestellte fragen sich zudem, was passiert, wenn ihr Partner kündigt. Dabei gilt aber, dass jede Person unabhängig voneinander kündigen kann, ohne dass es die andere Person betrifft. Hierbei greift nämlich ein Sonderkündigungsschutz. Das bedeutet, dass ein Unternehmen entweder einen Ersatz finden muss oder eine Auffangregelung greift. Diese Regelung sollte unbedingt in den Arbeitsvertrag aufgenommen werden.
Organisatorische Voraussetzungen
Neben den rechtlichen Bedingungen müssen auch die Mitarbeitenden, die sich die Stelle teilen, gewisse Punkte erfüllen, um eine erfolgreiche Zusammenarbeit zu gewährleisten.
- Gemeinsames Onboarding: Egal ob sich die Aufgabenbereiche unterscheiden oder nicht: Ein gemeinsames Onboarding ist eine wertvolle Unterstützung zum Start und hilft Euch dabei, die jeweilige Arbeitsweise besser kennenzulernen. Eine effektive Einarbeitung legt den Grundstein für eine gute Zusammenarbeit.
- Transparente Kommunikation: Zur internen Abstimmung ist es besonders essenziell, dass beide Parteien aktuelle Aufgaben und Herausforderungen klar kommunizieren.
- Ausführliche Dokumentation: Gerade dann, wenn Entscheidungen getroffen werden, ist es nötig, Vorgehensweisen, Ziele, Abstimmungen und kleinere Entscheidungen nachvollziehbar zu dokumentieren. So kann die andere Person nachvollziehen, warum eine Entscheidung getroffen wurde.
- Vertrauen aufbauen: Zwischen beiden Parteien sollte Vertrauen herrschen, damit die Zusammenarbeit funktioniert. Beide müssen sich darauf verlassen können, dass die andere Person nicht hinter ihrem Rücken anders agiert.
- Beiderseitige Zuverlässigkeit: Vertrauen wird auch durch Zuverlässigkeit gestärkt. Daher sollten Absprachen, Termine und Deadlines unbedingt eingehalten werden.
- Ausgeglichene Planung: Die meisten Menschen entscheiden sich für dieses Modell, um mehr freie Zeit zu haben. Daher ist es nur fair, wenn die Arbeitszeiten so gelegt werden, dass es für beide Seiten von Vorteil ist. Entsprechend den Abwesenheiten sollten Meetings und Termine geplant werden.
- Ausgeprägte Kompromissfähigkeit: Sich eine Stelle zu teilen und Entscheidungen gemeinsam zu treffen, bedeutet auch, dass nicht immer beide Parteien zu 100% einverstanden sind. Daher ist es essentiell, Kompromisse einzugehen und nicht die eigene Meinung immer durchsetzen zu wollen.
So funktioniert die Umsetzung!
Jobsharing im eigenen Unternehmen umzusetzen, kann zu Beginn eine Herausforderung sein – besonders, wenn man mit diesem Modell noch nicht vertraut ist. Wir geben Dir Tipps, die Dir die Umsetzung erleichtern!
- Unternehmenskultur anpassen bzw. stärken: Damit Jobsharing in Deinem Unternehmen funktioniert, musst Du zunächst prüfen, ob die vorhandenen Strukturen dafür ausgelegt sind. Zudem müssen Stellen identifiziert werden, die dafür geeignet sind. Gleichzeitig können dabei die Unternehmensziele angepasst werden.
- Richtlinien schaffen: Zusätzlich sollte festgelegt werden, welche Anforderungen und Regeln für die jeweilige Stelle gelten sollten.
- Passende Mitarbeitende finden: Nicht jede Person ist für so eine Position die geeignete Wahl. Die Suche gestaltet sich ebenfalls etwas schwieriger, da zwei Personen, die zum Unternehmen und zueinander passen, gesucht werden. Am einfachsten gestaltet sich die Suche im eigenen Unternehmen, da hier beispielsweise die Empfehlung von Abteilungsleitern eingeholt werden kann.
- Sonderkündigungsschutz festlegen: Damit es keine Probleme bei der Kündigung einer der beiden Parteien gibt, sollte im Vorhinein im Vertrag ein Sonderkündigungsschutz vereinbart werden.
- Arbeitsplan entwickeln: Hat sich die perfekte Besetzung für die Stelle gefunden, müssen nun Aufgaben und Verantwortungen verteilt werden, um eine klare Struktur zu schaffen.
Falls es in Deinem Unternehmen keinen Wunsch nach einer Jobsharing-Position gibt, kannst Du auch gezielt auf externen Plattformen nach einer passenden Person suchen. Das geht auf Seiten wie:
Durchstarten mit digitalen Tools
Jobsharing erfordert eine klare Kommunikation und eine gute Zusammenarbeit. Dabei unterstützen digitale Tools, da sie den Informationsaustausch erleichtern und eine effiziente Planung ermöglichen.
Verantwortungsbereiche verwalten
In dem Projektmanagement-Tool factro werden alle Aufgaben nach dem 4-Augen-Prinzip verwaltet: Es gibt eine ausführende und eine verantwortliche Person pro Aufgabe. Das gewährleistet, dass Aufgaben nicht aus den Augen verloren werden und immer eine Ansprechperson zur Verfügung steht. So sind die Verantwortungen klar aufgeteilt.
Da beim Jobsharing die Arbeitszeit reduziert wird, ist es wichtig, dass alle Änderungen, die vorgenommen werden, dokumentiert werden. Denn so bleiben sie für alle nachvollziehbar. Damit Du nicht alles händisch nachhalten musst, bietet Dir die Aufgabenhistorie in factro genau die Übersicht, die Du brauchst. Hier siehst Du nämlich immer ganz genau, wer wann was verändert hat. Du kannst aber auch immer die Fortschritte und Deadlines direkt in der Aufgabe und im Projekt nachvollziehen. Mit aufgabenbezogenen Kommentaren kann zudem immer ein aktueller Stand angegeben werden.
Ein weiterer Punkt ist die Einheitlichkeit: Wenn sich zwei Mitarbeitende eine Stelle teilen, sollten trotzdem gewisse Standards eingehalten werden. Dafür eignen sich, neben einem Leitfaden, Vorlagen für wiederkehrende Aufgaben. Das spart nicht nur Zeit bei der Aufgabenerstellung, sondern sichert auch die Qualität.
Kommunikation
Auch bei der Kommunikation unterstützen Tools die digitale Zusammenarbeit. Neben Messenger-Diensten wie Slack oder Video-Tools wie Google Meet, sollte auch im Projekt selbst die Kommunikation stimmen. Daher kannst Du in factro ganz einfach aufgabenbezogene Kommentare schreiben.
Zudem erhältst Du über alle Veränderungen und Anpassungen sowie bei Kommentaren an Dich eine Benachrichtigung. Auch bei Aufgaben, die drohen, eine Deadline zu reißen, wirst Du informiert. So weißt Du immer, was passiert und bleibst auf dem Laufenden.
Gemeinsames Bild
Damit weniger Missverständnisse entstehen, ist auch ein gemeinsamer Blick auf das Projekt hilfreich. Benötigst Du beispielsweise eine bestimmte Projektansicht für Dich und Dein Team, kannst Du diese einfach als Favoriten anlegen. Auf diese Weise sehen alle genau das, was sie sehen sollen.
Zusätzlich kannst Du auch gemeinsame ToDo-Listen anlegen, in denen Du Dich mit Deinem Jobsharing-Partner abstimmen kannst. Auch Meetings können so geplant werden.
Erfolgreiche Beispiele für die Umsetzung von Jobsharing-Positionen findest Du auf der Website der Handelskammer Hamburg. Vertreten sind hier Berichte von Unternehmen wie Unilever, Google und Beiersdorf.
Fazit: Gemeinsam zum Erfolg
Jobsharing bietet eine neue Lösung für die Wünsche der arbeitnehmenden Bevölkerung in einer modernen und sich stetig verändernden Arbeitswelt. Jobsharing ist quasi Teilzeit – nur moderner, flexibler und mit mehr Möglichkeiten. So bleibt mehr Zeit für Familie, Hobbys und Ehrenämter und Unternehmen können die Mitarbeitermotivation und -zufriedenheit steigern und sich attraktiver auf dem Berufsmarkt positionieren.
Die Arbeitszeit wird verkürzt und die Position bleibt voll besetzt: Besonders anspruchsvolle Positionen, wie bei Führungskräften, die oft mehr als 40 Stunden benötigen, verteilen so die Last. Eine Win-Win-Situation – die Mitarbeitenden können weniger arbeiten, müssen aber nicht auf eine Karriere verzichten. Das ist vor allem für Eltern eine Erleichterung und kann insbesondere Mütter fördern, die sonst oft benachteiligt sind.
Auch Unternehmen profitieren von motivierten, ausgeglichenen und gesunden Mitarbeitenden. In einer Zeit, in der Flexibilität und Work-Life-Balance immer mehr in den Fokus rücken, kann Jobsharing der Schlüssel zur Zukunftsfähigkeit sein.



