Aktives zuhören – Ziele, Regeln & Tipps

von | 14.05.2024

Ohren gespitzt!

Manchmal hat man das GefĂŒhl, alle reden aneinander vorbei. Im Meeting wird seit einer halben Stunde der gleiche Agendapunkt diskutiert und alle möchten zeitgleich ihre Ideen mit einbringen, ohne einander zuzuhören. Und da liegt schon der Knackpunkt: Aktives Zuhören? Kaum vorhanden.

Im stressigen Alltag vergessen wir oft, anderen Menschen wirklich zuzuhören. So entstehen MissverstĂ€ndnisse, Probleme und Konflikte. Und ein Aspekt wird oft vergessen – das aktive Zuhören. Was der Unterschied zum “normalen” Zuhören ist, wie Du Deine Kommunikation damit verbessern kannst, sowie Tipps fĂŒr die effektive Umsetzung findest Du in diesem Artikel.

Zwei Frauen unterhalten sich

Verbessere Deine Kommunikations-Skills durch aktives Zuhören

Was ist aktives Zuhören?

Aktiv zuhören bedeutet, das Gesagte Deines GegenĂŒbers bewusst zu verfolgen und zu verstehen. Entwickelt wurde diese Methode von Carl Rogers im Jahr 1961. Als Psychologe und Psychotherapeut entwarf er ein Konzept fĂŒr GesprĂ€che in der Psychotherapie. SpĂ€ter wurde dies fĂŒr andere Umgebungen wie etwa den pĂ€dagogischen Bereich genutzt.

FĂŒr Rogers hat das aktive Zuhören 3 Komponenten:

  1. Aktives Verfolgen des Gesagten
  2. Aktives verstehen der Botschaft
  3. Spiegeln des emotionalen Inhalt des Gesagten

FĂŒr die Umsetzung ist es wichtig, dass eine zugewandte Körperhaltung eingenommen wird, also dass der Körper in die Richtung des GegenĂŒbers zeigt. Dies erleichtert auch den Blickkontakt. Um zu signalisieren, dass man der anderen Person folgen kann, können nonverbale Signale wie ein Nicken oder aber auch Laute und kurze Kommentare genutzt werden. Auch der Ausdruck von Empathie und VerstĂ€ndnis ist elementar.

Weitere Kommunikationsmodelle

Ein weiteres bekanntes Modell ist das 4-Ohren-Modell (oder auch: Kommunikationsquadrat) von Schulz von Thun. Es basiert auch Theorien von Karl BĂŒhler und Paul Watzlawick. In dem Modell werden vier Ebenen einer Äußerung dargestellt:

  • Sachinhalt: Was wird gesagt?
  • Selbstoffenbarung: Was von einem selbst steckt in der Äußerung?
  • Beziehung: In welcher Beziehung stehen die beiden Personen zueinander?
  • Appell: Was möchte die Person mit der Äußerung bezwecken?

Der Sender einer Aussage bedient unweigerlich diese vier Ebenen. Zu MissverstÀndnissen kommt es vor allem dann, wenn der EmpfÀnger diese anders interpretiert. Das Modell kann dabei helfen zu identifizieren auf welcher Ebene Unstimmigkeiten vorkommen.

Was ist das Ziel des aktiven Zuhörens?

Aktives Zuhören erfordert zwar etwas Übung, aber bietet Dir viele Vorteile. Es lĂ€sst Konflikte besser lösen und stĂ€rkt zwischenmenschliche Beziehungen und die Kommunikation am Arbeitsplatz. Im folgenden erfĂ€hrst Du, warum solltest Du Dir beim Zuhören mehr MĂŒhe geben solltest:

  • MissverstĂ€ndnisse reduzieren: Durch eine klare und empathische Kommunikation treten weniger hĂ€ufig Unstimmigkeiten auf – das Konfliktpotential wird also deutlich gesenkt. Informationen werden so zudem besser verstanden und weitergegeben. Unterm Strich bedeutet das vor allem ein besseres Arbeitsklima.
  • Team-GefĂŒhl stĂ€rken: Wenn das Team weiß, an wen man sich wenden kann, wenn mal Konflikte auftreten, ist dies ein wichtiger Schritt fĂŒr die Vertrauensbasis und das Wir-GefĂŒhl.ZusĂ€tzlich verbessert das die Zusammenarbeit im Team.
  • Austausch fördern: Wenn Du mit einem guten GefĂŒhl aus dem Austausch gehst, verhilft dir das nicht nur zu mehr Motivation, Du suchst wahrscheinlich noch öfter einen Austausch.
  • Respektvollen Umgang etablieren: Nicht nur zuhören, sondern vor allem aktives Zuhören ist der anderen Person gegenĂŒber respektvoll und empathisch.
  • Lösungen finden: Nur wenn Du wirklich verstehst, was Dein GegenĂŒber von Dir möchte und was das Problem ist, kannst Du LösungsansĂ€tze finden.

Aktives Zuhören: Grundvoraussetzungen

Damit das aktive Zuhören funktioniert, ist die Haltung, mit der Du ins GesprĂ€ch gehst, der Grundstein. Auch hierfĂŒr hat Carl Rogers drei wesentliche Prinzipien formuliert:

  • Empathie
  • AuthentizitĂ€t
  • Akzeptanz

Das bedeutet also, die Grundhaltung sollte empathisch und unvoreingenommen sein. AuthentizitĂ€t ist auch wĂ€hrend des GesprĂ€chs von Bedeutung: Hier heißt es, nicht verstellen, sondern echtes Interesse zeigen. Und ein weiterer wichtiger Punkt ist es, Dein GegenĂŒber zu akzeptieren und diese Akzeptanz entgegenzubringen. Vor einem GesprĂ€ch solltest Du dir diese drei Punkte bewusst machen.

Zwei Personen sitzen an einem Tisch und halten Tassen in der Hand

Durch aktives Zuhören vermittelst Du VerstÀndnis

Tipps zur Umsetzung

Wenn die Grundvoraussetzungen stimmen, gibt es ein paar Verhaltensregeln, die beachtet werden sollten. Denn: Nur mit dem Kopf nicken zĂ€hlt nicht zum aktiven Zuhören, es geht eher um die Mischung von nonverbaler und verbaler Kommunikation. NatĂŒrlich kann die Umsetzung herausfordernd sein, aber unsere Tipps helfen Dir dabei

  1. Unterbrechungen vermeiden: ZunĂ€chst solltest Du die andere Person nicht unterbrechen. Auch wenn die eigenen Ideen oder Meinungen auf der Zunge liegen, solltest Du Dich damit zurĂŒckhalten und zuerst das Gesagte aufnehmen.
  2. Nonverbale Signale verwenden: Um Deinem GegenĂŒber zu vermitteln, dass du aktiv zuhörst, kannst Du nonverbale Signale anwenden. Viele davon, wie zum Beispiel Blickkontakt, Kopfnicken oder ein zustimmendes “Mhmm”, benutzen die meisten Menschen schon unterbewusst. Aber auch die Körperhaltung zĂ€hlt dazu. Die Arme sollten fĂŒr eine offene Haltung nicht vor dem Körper verschrĂ€nkt werden.
  3. Pausen einlegen: Wenn die andere Person eine Sprechpause einlegt, kannst Du nun zeigen, dass du aufmerksam zugehört hast, indem Du konkrete Fragen stellst. So zeigst Du Interesse und kannst Unklarheiten beseitigen.
  4. Gesagtes wiederholen: ZusĂ€tzlich kannst Du das Mitgeteilte in eigenen Worten zusammenfassen und wiedergeben und so sicher gehen, dass Du alles richtig verstanden hast. Das zeugt von Aufmerksamkeit und Interesse. Dein GegenĂŒber wird sich dadurch mehr verstanden fĂŒhlen. Zu beachten ist allerdings, dass noch keine eigene Meinung oder Kommentare mit einfließen sollten.
  5. Störungen umgehen: Außerdem solltest Du darauf achten, dass keine Störungen auftreten. Gerade wenn ein GesprĂ€ch zu einem festgelegten Zeitpunkt stattfindet, solltest Du ein paar Vorbereitungen treffen, also zum Beispiel einen Termin mit dem Hinweis “Nicht stören” erstellen oder ein anderes Teammitglied um die Vertretung am Telefon bitten. Sollte sich ein GesprĂ€ch spontan ergeben, kannst Du die Person nach einer Verlegung an einen ruhigen Ort fragen.

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Beispiele: Aktives Zuhören im Unternehmen

Auch im Unternehmenskontext ist aktives Zuhören ein wichtiges Werkzeug – nicht nur als FĂŒhrungskraft, sondern auch generell fĂŒr die Kommunikation innerhalb eines Teams. In diesem Zusammenhang ist der Situative FĂŒhrungsstil, enorm wertvoll. Hier findest Du ein paar Situationen, in denen Du die Tipps sofort umsetzen kannst.

Bei Konflikten innerhalb des Teams

Aktives Zuhören ist besonders fĂŒr das Lösen von Konflikten geeignet. Bei einem Konflikt zwischen zwei oder mehr Parteien ist es wichtig, dass eine unabhĂ€ngige Person die Moderation ĂŒbernimmt. So kann sichergestellt werden, dass die oben genannten Techniken umgesetzt werden. Vor allem das Unterbrechen kann so vermieden werden.

In Meetings

Gerade die tagtĂ€glichen Meetings werden manchmal zu schnell abgehakt. Doch besonders hier ist ein geeigneter Platz, um auf Fragen und Schwierigkeiten zu reagieren und Informationen transparent weiterzugeben. DafĂŒr sollte nicht nur extra Zeit eingerĂ€umt, sondern auch darauf geachtet werden, dass jede Person, die möchte, die Möglichkeit bekommt, sich zu Ă€ußern.

In PersonalgesprÀchen

Egal ob Beurteilungs-, Jahres- oder FeedbackgesprĂ€ch: FĂŒr ein möglichst effektives GesprĂ€ch ist es von Bedeutung aktiv zuzuhören. Nur so können beide Seiten voneinander profitieren und lernen. So wird eine Vertrauensbasis geschaffen und als FĂŒhrungskraft auch als Vertrauensperson wahrgenommen.

EinstellungsgesprÀch

Um eine Stelle passend zu besetzen lohnt es sich auch, im Vorstellungs- und EinstellungsgesprÀch genau hinzuhören.Von vornherein signalisiert Du so eine respektvolle Umgebung und schaffst eine angenehme AtmosphÀre. ZusÀtzlich kann das dabei helfen, die Aufregung der bewerbenden Personen abzumildern.

Mehrere Personen bilden eine Kreis und legen ihre HĂ€nde aufeinander in die Mitte

Aktives zuhören stÀrkt das Team

Unterschied: Aktives und passives zuhören

Es gibt vor allem zwei wesentliche Arten beim Zuhören – passiv und aktiv. Beim passiven Zuhören wird der sprechenden Person ohne zu unterbrechen zugehört und durch nonverbale Kommunikation z.B. durch ein Kopfnicken signalisiert, dass dem Inhalt gefolgt wird.

Beim aktiven Zuhören hingegen ist zusĂ€tzlich das Feedback zu dem Gesagten von Bedeutung. Ziel ist es hierbei eben nicht nur zuzuhören, sondern auch zu verstehen und darauf zu reagieren. Doch natĂŒrlich ist es schwierig hier in schwarz und weiß zu unterteilen. Oft verschwimmen die Grenzen und es entstehen Formen, die im Graubereich liegen. Ein paar Beispiele haben wir hier zusammengetragen.

“Ich verstehe”-Zuhören

Da gibt es z.B. das Pseudo-Zuhören oder auch “Ich verstehe”-Zuhören. Hierbei geht es eigentlich gar nicht um das wirkliche Zuhören, sondern vielmehr darum, die eigenen Gedanken und Ideen mit einzubringen. “Ich verstehe” wird hierbei oft als Floskel eingesetzt, um nachfolgend selbst zu sprechen. Dies zĂ€hlt eher zum passiven Zuhören.

Aufnehmendes Zuhören

Beim aufnehmenden Zuhören wird mehr auf den Inhalt der Äußerung geachtet und. Dabei wird nicht nur darauf eingegangen, sondern durch zustimmende Körpersprache oder ein “Mhmm” vermittelt, dass man der anderen Person folgen kann. Diese Art des Zuhörens ist dem aktiven Zuhören schon Ă€hnlicher, jedoch fehlt die Interaktion.

Umschreibendes Zuhören

Das umschreibende Zuhören ist eine Stufe nÀher an dem aktiven Zuhören. Hier steht die eigene Meinung hinten an. Der anderen Person wird aufmerksam zugehört und die gehörten Informationen werden in eigenen Worten wiedergegeben. Das vermittelt der sprechenden Person, dass wirklich verstanden wurde, was das Anliegen, Problem, der Wunsch/etc. ist.

Aktives Zuhören

Aktives Zuhören ist die letzte Ebene des Zuhörens und erfordert wesentlich noch mehr Interaktion, es ist quasi eine Kombination aus dem aufnehmenden und umschreibenden Zuhören. Körpersprache und paraphrasieren werden hier als Zeichen der Aufmerksamkeit umgesetzt, genauso wie das die RĂŒcksichtnahme auf die GefĂŒhle und Empfindungen. Vor allem ist es wichtig, die andere Person ausreden zu lassen.

Zwei Frauen sitzen einander zugewandt an einem Tisch

Aktives Zuhören erfordert Übung

Fazit: Grundbaustein der Kommunikation

Privat aber auch im Unternehmen bietet aktives Zuhören einen unverzichtbaren Mehrwert. Es vermittelt nicht nur Empathie, sondern stĂ€rkt auch das Vertrauen im Team und zu FĂŒhrungskrĂ€ften. In Meetings und GesprĂ€chen kann so zudem mehr Struktur in Deine GesprĂ€che gebracht werden.

Da es aber auch in Konfliktsituationen schwierig sein kann, sich an die Tipps zur Umsetzung zu halten, sollte hierfĂŒr immer wieder ein Bewusstsein geschaffen werden. Zudem ist das aktive Zuhören nicht nur im beruflichen Kontext ein wertvoller Soft Skill, auch in allen anderen Lebensbereichen bietet Dir diese FĂ€higkeit Vorteile. Das aktive Zuhören verbessert allgemein die zwischenmenschliche Kommunikation.

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Sarah Rasch

recherchiert fĂŒr den factro Blog und schreibt Artikel ĂŒber die neusten Entwicklungen im Bereich Projektmanagement.